Auf solch eine Frage kommt dann oft ein Augenverdrehen oder einfach ein Gesichtsausdruck, als hätte man gerade in eine Zitrone gebissen.
Denn dieses Thema hat meist nichts mit der Leidenschaft und Vision zu tun, warum sich Unternehmer:in selbstständig gemacht hat.
Liquidität im Unternehmen sollte ein wichtiges Ziel sein, denn ohne ausreichende Liquidität oder Zahlungsfähigkeit geht letztendlich gar nichts. Unternehmen müssen den Zahlungsverpflichtungen nachkommen: Sie müssen Mitarbeiter, Lieferanten, Kredite etc. bedienen können. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, geht eine Spirale los, welche oftmals in der Insolvenz endet.
Nicht zuletzt sind finanzielle Mittel auch erforderlich, um zu wachsen und innovativ sein zu können.
Dies bedeutet Freiheit für ein Unternehmen!
In Kürze und ohne allzu viel Drumherum beschreiben wir hierzu Begriffe und Zahlen, die sich lohnen anzuschauen:
Per Definition wird unter dem Begriff Liquidität die Fähigkeit eines Unternehmens verstanden, Zahlungsverpflichtungen jederzeit vollständig nachkommen zu können. Das bedeutet die Einnahmen sind mindestens genauso hoch wie die Ausgaben.
Es ist also entscheidend, stets für eine ausreichende Zahlungsfähigkeit zu sorgen. Denn dies gibt Raum für Wachstum und Innovation. Daher sollte das Ziel eines Unternehmens ein Zustand sein, bei dem die Einnahmen die Ausgaben übersteigen. Auch ein wesentlicher Faktor, wenn es um das Thema Bonität geht.
Wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen, spricht man von einem Liquiditätsengpass (s. Teil 1.1 Liquiditätsengpass – muss nicht sein!). Dieser Engpass muss zwangsläufig aufgefangen werden. Kurzfristig ist das oftmals über den vorhandenen oder einen neu eingeräumten Kontokorrentkredit möglich – ist allerdings teures Geld und sollte nur kurzfristig genutzt werden.
Sofern dieser finanzielle Rahmen nicht reichen sollte, besteht noch die Möglichkeit, Kunden um Unterstützung zu bitten und die vorhandenen Forderungen schnellstmöglich zu begleichen. Im Gegenzug sollte noch mit Lieferanten ein Agreement für eine etwas spätere Zahlung der Verbindlichkeiten getroffen werden. Dies ist oftmals ein Instrument, das zu nutzen sehr einfach geht – wenn der Engpass rechtzeitig erkannt wird und der Stolz nicht wäre!
Im Gegenzug gibt es natürlich auch eine hohe Liquidität, welche es gilt, effektiv einzusetzen. Die Einnahmen im Vergleich zu den Ausgaben sind sehr hoch, jedoch wird nicht investiert. Dies ist auch nicht gut und wird in aller Regel nicht als Bonuspunkt gewertet. Vielmehr deutet es darauf hin, dass das Unternehmen nicht bereit ist für Wachstum, Entwicklung und Innovation.
Da beide Richtungen nicht optimal sind, hier ein paar Kennzahlen, die recht einfach zu berechnen und lohnenswert sind, diese im Auge zu behalten.
Bei der Berechnung von Kennzahlen der Liquidität ist es erforderlich alle Geschäftsfälle, die zu Kontobewegungen führen, im Blick zu behalten. Somit können Aufwandspositionen ohne Geldfluss, wie z.B. Abschreibung, unbeachtet bleiben können.
Nur den Fokus auf eine BWA zu legen, reicht nicht aus. Natürlich fließen Umsätze in den Gewinn ein, jedoch hat dies erst Auswirkung auf die Liquidität, wenn die Rechnung beglichen wird. Auch gibt es Vorgänge, die zwar zu Kontobewegungen führen, jedoch nicht in der BWA erscheinen. Dazu
gehören u.a. Tilgung von Krediten, Steuernachzahlungen oder auch Steuerabschläge.
Das bedeutet, dass eben solche Positionen ebenfalls in die Liquiditätsberechnung miteinfließen, um eine aussagekräftige Information zu erhalten.
Die Kennzahlen der Liquidität werden in 3 unterschiedliche Grade unterteilt.
(Kasse + Guthaben bei Banken) x 100
kurzfristige Verbindlichkeiten
Beträgt die Liquidität 1.Grades 100% würde das bedeuten, dass alle Verbindlichkeiten zum Stichtag sofort beglichen werden können. Heißt schlichtweg, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sehr hoch ist. Da jedoch Forderungen aus Lieferung und Leistung ebenfalls zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten da sind, wird für die Liquidität 1.Grades von einem Ergebnis von mind. 10% bis max. 30% ausgegangen. Dies gilt als Richtwert.
Beispiel: Bestand in Kasse: 1.000€
Kontostand Bank: 10.000€
kfr. Verbindlichkeiten: 40.000€
(1.000 + 10.000) x 100
_____________________ = 27,5%
40.000
Bitte beachten: Die Kennzahl für die Liquidität 1.Grades ist allerdings, aufgrund des Bezugs auf einen Stichtag, nicht wirklich aussagekräftig.
(Kasse + Guthaben bei Banken + Forderungen) x 100
kurzfristige Verbindlichkeiten
Der Richtwert liegt bei mindestens 100% für die Liquidität 2.Grades.
Beispiel: Bestand in Kasse: 1.000€
Kontostand Bank: 10.000€
Forderungen: 30.000€
kfr. Verbindlichkeiten: 40.000€
(1.000 + 10.000 + 30.000) x 100
________________________________ = 102,5%
40.000
Sollte das Ergebnis unter 100% liegen, kann dies verschiedene Ursachen haben. Eine Möglichkeit: Forderungen, die zu lange nicht ausgeglichen werden. Findet ein ausreichendes und kontinuierliches Forderungsmanagement im Unternehmen statt?
(Kasse + Guthaben bei Banken + Forderungen + Vorräte) x 100
kurzfristige Verbindlichkeiten
Der Richtwert liegt hier bei 150-200% für die Liquidität 3.Grades.
Beispiel: Bestand in Kasse: 1.000€
Kontostand Bank: 10.000€
Forderungen: 30.000€
kfr. Verbindlichkeiten: 40.000€
Vorräte: 45.000€
(1.000 + 10.000 + 30.000 + 45.000) x 100
_________________________________________ = 215%
40.000
Falls das Ergebnis erreicht wird, obwohl 2.Grades sehr schlecht ausgefallen ist, kann dies u.U. daran liegen, dass das Lager sehr voll ist. Wenn der Richtwert nicht erreicht wird, kann dies an zu hohen Verbindlichkeiten liegen.
Diese Richtwerte gelten als Empfehlung – als Kennzahl. Die Maßnahmen die davon abgeleitet werden können, sind sehr unterschiedlich und stark branchenabhängig.
Was man allerdings beachten sollte: die unterschiedlichen Liquiditätsgrade sind nur bedingt aussagekräftig, denn sie beziehen sich nur auf die kurzfristigen Verbindlichkeiten in der Regel gegenüber Lieferanten. Es werden hierbei keine Tilgungen oder gar Investitionen berücksichtigt.
Es handelt sich bei diesen Kennzahlen um eine einfache Variante, die sich auf die größten Positionen in einem Unternehmen beziehen.
Um das Ganze im Blick zu behalten und um die Liquiditätssituation einschätzen zu können, empfiehlt sich ein Liquiditätsplan für 12 – 24 Monate.
Mehr dazu: Teil 1.7 – Liquiditätsplanung